März 15, 2024

Neue DEGUM-Leitlinie zur Ersttrimester Diagnostik und Therapie

Die Genauigkeit eines NIPT* hängt entscheidend von einem ausreichenden Anteil an fetaler cfDNA (sog. fetale Fraktion**) im mütterlichen Plasma ab[1]. Die Bundesärztekammer hat diesem Zusammenhang durch Aufnahme der fetalen Fraktion in die aktuelle RiliBÄK*** Rechnung getragen: Laut RiliBÄK muss die fetale Fraktion genau ermittelt werden, dies ist durch Teilnahme an regelmäßigen Ringversuchen zu bestätigen. Zudem dürfen NIPT-Ergebnisse mit einer fetalen Fraktion von weniger als 2 % nicht berichtet werden, nachdem die RiliBÄK in Kraft getreten ist.

Die meisten kommerziellen NIPT-Verfahren ermitteln die fetale Fraktion mittels der Größenverteilung der DNA-Bruchstücke: Da die DNA-Fragmente fetaler Herkunft im Mittel etwas kleiner sind als die zellfreie DNA der Mutter, kann anhand der Größenverteilung der DNA-Sequenzen die Menge an zellfreier DNA grob geschätzt werden[1]. Nur ein paar wenige Tests, darunter der Harmony® Test, messen die fetale Fraktion sehr genau anhand von hunderten genetischen Variationen zwischen Mutter und Kind, den sog. SNPs****.

Grafik zur fetalen Fraktion

Abb. 1a) Messung der fetalen Fraktion mittels SNP-Analyse im Harmony® Test [2]

Grafik zur fetalen Fraktion

Abb. 1b) Schätzung der fetalen Fraktion mittels Größe der DNA-Bruchstücke [3]

Die beiden Grafiken verdeutlichen, wie viel genauer die Bestimmung der fetalen Fraktion mittels SNP-basierter Messung (Abb. 1a) im Vergleich zur Abschätzung über die Größenverteilung (Abb. 1b) erfolgt. Referenz ist dabei jeweils die wahre fetale Fraktion, die über die Menge an genetischem Material des Y-Chromosoms bei Schwangerschaften mit männlichen Feten ermittelt werden kann.

Auch in Ringversuchen wird deutlich, wie viel genauer die Messung der fetalen Fraktion mittels SNP-Analyse im Vergleich zu den MPSS-Verfahren ist (Abb. 2):

Grafik Messergebnisse

Abb. 2: Ergebnisse von Messungen der fetalen Fraktion in zwei Ringversuchen mittels MPSS und SNP-Verfahren[4]

Für die Erkennung von fetalen Trisomien aus mütterlichem Blut ist eine möglichst genaue Kenntnis der fetalen Fraktion von Bedeutung. Wright et al. konnten zeigen, dass ein NIPT unterhalb einer wahren fetalen Fraktion von etwa 4 % nur unzureichend zwischen Schwangerschaften mit einer fetalen Trisomie und einem euploiden Fetus unterscheiden kann[5]:

Grafik Unterscheidung

Abb 3: Unterscheidung zwischen aneuploiden und euploiden Schwangerschaften bei einer wahren fetalen Fraktion von a) 2 %, b) 4 % und c) 8 % [5]

Aus Qualitätsgründen werden bei einer fetalen Fraktion unter 4 % bei vielen NIPT-Verfahren, so auch beim Harmony® Test, keine Ergebnisse mitgeteilt.

Aktuelle Studien zeigen, dass die Menge an fetaler DNA, die im mütterlichen Blut zirkuliert, mit der Plazentafunktion und somit auch mit der fetalen Entwicklung und Reifung zusammenhängt[1,6]. In einer im Dezember 2023 publizierten Arbeit konnten Becking et al. zeigen, dass eine niedrige fetale Fraktion mit einem höheren Risiko für

  • hypertensive Störungen in der Schwangerschaft
  • Geburtsgewicht ≤ 5. Perzentile
  • SGA (Intrauterine Wachstumsverzögerung)
  • Frühgeburtlichkeit
  • Totgeburt und neonataler Tod

assoziiert ist[1]. In einer anderen Studie hatten Schwangere mit einer fetalen Fraktion unter 5,3 % im ersten Trimenon ein 3,7-fach erhöhtes Risiko, ein Kind mit einem Geburtsgewicht unterhalb der 5. Perzentile zu gebären[7].

Neue DEGUM-Leitlinie 2024

Seit Anfang des Jahres ist eine neue Leitlinie zur Diagnostik und Therapie in SSW 11+0 bis 13+6 verfügbar (AWMF S2e LL 085-002, abrufbar unter register.awmf.org/de/leitlinien/detail/085-002).

Hierin wird unter anderem darauf hingewiesen, dass bei einem wiederholt nicht auswertbaren cfDNA-Test ein erhöhtes Risiko für fetale Chromosomenstörungen, insbesondere für Trisomie 18, 13 und Triploidie, besteht. Als weiterführende Abklärungsmaßnahmen wird eine diagnostische Punktion oder alternativ eine erneute sonographische Risikoevaluation (kombiniertes ETS) durch einen erfahrenen Pränatalmediziner empfohlen.

Daten aus der NEXT-Studie zeigen für den Harmony® Test bei einem Testausfall aufgrund zu niedriger fetaler Fraktion ein gegenüber dem Hintergrundrisiko um den Faktor 6,7 erhöhtes Risiko für eine fetale Aneuploidie[8]. Um das Risiko für eine Aneuploidie bei einem Testausfall künftig genauer spezifizieren zu können, übersenden wir Ihnen in diesen Fällen einen Rückmeldebogen. Sofern die Schwangere mit der Weitergabe ihrer Daten einverstanden ist, wären wir Ihnen für eine Mitteilung der erfolgten Diagnostik bzw. des Outcomes der Schwangerschaft dankbar.

Für weitere Informationen oder die Bestellung von Abnahmekits und Anforderungsformularen kontaktieren Sie uns gerne.

Abnahmekits für den Harmony® Test bestellen
Abnahmekits für den Rhesus-NIPT bestellen

Literatur

[1] Becking EC et al: Fetal fraction of cell-free DNA in non-invasive prenatal testing and adverse pregnancy outcomes: a nationwide retrospective cohort study of 56,110 pregnant women. Am J Obstet Gynecol 2023 Dec 12:S0002-9378(23)02128-2. doi: 10.1016/j.ajog.2023.12.008. Online ahead of print

[2] Schmid M et al: Accuracy and reproducibility of fetal-fraction measurement using relative quantitation at polymorphic loci with microarray. Ultrasound Obstet Gynecol 2018;51:813-817.

[3] Chen M et al: Validation of fetal DNA fraction estimation and its application in noninvasive prenatal testing for aneuploidy detection in multiple pregnancies. Prenat Diagn 2019;39:1273-1282.

[4] Becking EC et al: Variability in Fetal Fraction Estimation: Comparing Fetal Fractions Reported by Noninvasive Prenatal Testing Providers Globally. Clin Chem 2023;69:160-167

[5] Wright D et al: A unified approach to risk assessment for fetal aneuploidies. Ultrasound Obstet Gynecol 2015;45:48–54

[6] Scheffer PG, Wirjosoekarto SAM, Becking EC, et al: Association between low fetal fraction in cell-free DNA testing and adverse pregnancy outcome: A systematic review. Prenat Diagn. 2021;41:1287-1295.

[7] Clapp MA et al: Low Fetal Fraction and Birth Weight in Women with Negative First-Trimester Cell-Free DNA Screening. Am J Perinatol. 2020;37:86-91.

[8] Norton et al: Cell-free DNA Analysis for Noninvasive Examination of Trisomy. N Engl J Med 2015; DOI: 10.1056/NEJMoa1407349.

* Nicht-invasiver Pränataltest zum Screening auf fetale Chromosomenstörungen auf Basis zellfreier fetaler DNA im mütterlichen Blut.
** Anteil zellfreier fetaler (plazentarer) DNA an der gesamten zellfreien DNA im mütterlichen Blut.
*** Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen. Zuletzt aktualisiert am 30.05.2023.
**** Single Nucleotide Polymorphism: Variationen einzelner Basenpaare innerhalb ansonsten konstanter Regionen im menschlichen Genom. Durch SNPs unterscheiden sich Individuen genetisch voneinander.

Bleiben Sie informiert –
Mit unsereM Newsletter!